Eine Klassenfahrt mit Schüler*innen mit Behinderung zu organisieren, stellt den Lehrkörper zunächst vor eine Herausforderung. Die Reisevorbereitung nimmt zusätzliche Zeit in Anspruch, gilt es für gehandicapte Schüler zusätzliche Hürden zu überspringen. Häufig zwingt eine Behinderung die Schüler in den Rollstuhl. Das ist weniger ein Problem, wenn die gesamte Klasse als Kollektiv organisiert ist und die betreuenden Pädagog*innen entsprechend ausgebildet sind, als bei einer Integrationsklasse mit ein oder zwei Rollstuhlfahrer*innen. Lehrkräfte sowie betroffene Schülerinnen und Schüler stecken in einer Zwickmühle. Einerseits möchte der Lehrer und die Lehrerin allen Kindern eine Schulfahrt bieten, doch Barrierefreiheit hat auch heute noch Preis und Mühe, so dass die Klassenfahrt-Kosten für alle Teilnehmenden steigen würden.
Den betroffenen Schülerinnen und Schülern ist es auch schnell unangenehm, wegen ihrer fehlenden Mobilität im Mittelpunkt zu stehen. Lehrkräfte fühlen sich hier von der Politik im Stich gelassen.
Theoretisch könnten Schülerinnen und Schüler mit Behinderung während der Klassenfahrt in Parallelklassen geschickt werden, doch dieses Vorgehen gilt – zu Recht – in der EU als ausgrenzend. Und zwar durch die 2008 in Kraft getretenen EU-Behindertenrechtskonvention (CRPD), die in diesem Fall zum Januskopf wird.
Artikel 24 regelt die gemeinsame Beschulung von Behinderten und Nicht-Behinderten an Inklusionsschulen – beide genießen dieselben Menschenrechte und Grundfreiheiten, was jedoch viele Lehrer und Lehrerinnen schon im Schulalltag an ihre Grenzen führt. Nichtsdestotrotz widerspricht ein Ausschluss behinderter Schüler von der Klassenfahrt der Konvention, schließlich ist sie ein unverzichtbarer Teil der Ausbildung und stärkt das Gemeinschaftsgefühl.
Um einen Ausschluss im Vorhinein den Wind aus den Segeln zu nehmen, bietet sich eine klasseninterne Diskussion über das Klassenfahrten-Ziel an. Einen Kletter- oder Wanderurlaub macht für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung weniger Sinn als eine Klassenfahrt in urbaneren Gefilden mit entsprechender Infrastruktur und Barrierefreiheit. Ein konstruktives Verhandeln im Klassenverband schaffen möglicherweise Umdenken und Sensibilisierung.
Welche Unterkunft ist rollstuhlgerecht und bietet barrierefreie Aktivitäten in der Nähe?
Ein mögliches Reiseziel mit Rollstuhl ist das Maritime Jugenddorf Wieck – frische Ostseeluft schnuppern ist hier inklusive! Die behindertengerechte Unterkunft mit rollstuhlgerechten Zimmern ist perfekter Ausgangspunkt für einen Ausflug auf die Insel Usedom und Besuch des Ozeaneums in Stralsund.
Spannende Erlebnisse bietet auch eine Klassenfahrt nach Hamburg. Die a&o Hostels City und Hauptbahnhof bieten barrierefreie Zimmer. Egal ob Chocoversum, Hafenrundfahrt, Miniaturwunderland oder Hamburg Dungeon - der Besuch von vielen beliebten Programmpunkten in Hamburg ist auch für Schüler im Rollstuhl möglich.
Und ob man es glaubt oder nicht – auch ein Ausflug in das Heide Park Resort in Soltau im Rahmen einer Tagestour kann für Rollstuhlfahrer zum Erlebnis werden. Ein ausführlicher Test wurde im September 2019 vorgenommen (hier zum Bericht).
Dies ist nur ein kleine Auswahl möglicher Reiseziele, die trotz einer Behinderung realisiert werden können und für unvergessliche Momente auf Klassenfahrt sorgen. Es gibt auch bereits komplett geplante Programmabläufe für barrierefreie Klassenfahrten mit passender Unterkunft:
Eine weitere direkte Anlaufstelle können die Landesverbände der deutschen Jugendherbergen sein, die auf ihren Webseiten über die Barrierefreiheit ihrer Einrichtungen informieren. Informationen über passende Objekte und ihre Zugänglichkeit finden sich u. a. in den Landesverbänden Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland, Unterweser-Ems oder Bayern.
Lehrer*innen sollten auch die barrierefreie Anreise im Blick behalten. Hier gilt es, sich über regionale Reiseunternehmen zu informieren, die passende Busse führen. Aufgrund des begrenzten Angebots sollte dies recht früh in der Reisevorbereitung geschehen. Lassen Sie sich hierzu am Besten von Ihrem Reiseveranstalter beraten.
Die finanziellen Mehrkosten können von Lehrkräften oder Erziehungsberechtigten in Absprache beantragt werden. Allerdings sind die Zuständigkeiten von Bundesland zu Bundesland und von Behinderung zu Behinderung unterschiedlich, was die Antragstellung schwierig gestalten kann. Es können verschiedene Ämter zuständig sein wie das Jugendamt, das Sozialamt oder die Pflegekasse.
Eine Begleitperson, ein sogenannter Integrationshelfer, Einzelfallhelfer oder eine Schulbegleitung etc. kann zur Entlastung des Lehrkörpers beantragt werden. Die Organisation der Kosten- und Begleithilfe fordert dem Lehrer und der Lehrerin Eigeninitiative ab und ist der zeitintensivste Teil der Reisevorbereitung.
Hier finden Lehrerinnen und Lehrer hilfreiche Informationen: reha-kids.de oder intakt.info.
In der Praxis gibt es - oft aus Integrationsklassen - eine Anfrage für ein beliebiges Reiseziel. Bei vielen Unterkünften ist genau bekannt, wie es mit der Eignung aussieht. Daher können wir in den meisten Fällen passende Angebote erstellen, die auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Auch Bungalowanlagen und Hotels, die aus baulichen Gründen nicht alle Normen erfüllen, sind oft sehr flexibel und hilfsbereit das Maximale zu leisten. Bitte sprechen Sie uns darauf ohne jede Scheu an!
Gern stellen wir ein passendes Angebot für Ihre Klassenfahrt zusammen